Mehrere Polizeiwagen fuhren vor, und ein guter Freund von K. wurde aufgrund des bloßen Verdachts, mutmaßlich eine Sache beschädigt zu haben, sogleich in Gewahrsam genommen, mit Kabelbindern „fixiert“ und in einen Streifenwagen verbracht. Als K. hörte, wie sein Freund im Wagen zu schluchzen begann, setzte er sich sogleich Richtung Streife in Bewegung, wovon ihn umstehende Ordnungshüter abzuhalten versuchten. Da trat die Verstärkung samt Polizeikommissar H. auf den Plan, die über Funk hinzubeordert worden war, um die angeblich beschädigte Sache ausfindig zu machen. Als er seine Kollegen in eine eifrige Diskussion mit K. verwickelt sah, betrachtete er es jedoch als seinen vorrangigen Einsatzauftrag, sich hieran tatkräftig zu beteiligen und zu verhindern, dass K. die Streife erreiche – wenn er auch gar nicht darüber orientiert war, warum überhaupt eine in Gewahrsam genommene Person im Wagen saß. Dies führte laut H. sogleich zu einer gewissen „Dynamik des Geschehens“, in deren Verlauf dieser offensichtlich stolperte und zusammen mit K. zu Boden ging – wobei er sich möglicherweise leicht am Bein verletzte, was er aber erst später feststellte.
Was das mit Widerstand gegen die Staatsgewalt zu tun hat? Dies fragt sich der Autor dieser Kolumne genauso wie Ihr. Der Bochumer Student K. jedenfalls wurde vorletzten Dienstag vor dem Amtsgericht Bochum mit eben jenem angeblichen Tatbestand konfrontiert. Der offensichtlich übereifrige Staatsanwalt verlor sich hierbei in Gemeinplätzen, die eines gewissen selbstsatirischen Charakters nicht entbehrten: Mutmaßliche Beleidigungen von PolizistInnen, die jedoch im konkreten „Fall“ gar nicht stattgefunden hatten, nähmen nach seiner Ansicht „überhand“, und bloße Diskussionen mit staatlichen OrdnungshüterInnen rückte er bereits in die Nähe von aktiven Widerstandshandlungen. Dass die Polizei am Abend des 11.11.2007 jedoch letztendlich vergeblich nach der angeblich beschädigten Sache im Umfeld der Bochumer Vorstadtsiedlung suchte und die formelle Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme und somit des gesamten Verfahrens höchst fragwürdig erscheinen, bezeichnete der Staatsanwalt dagegen als „absolut irrelevant“. Auch die Infragestellung der Verhältnismäßigkeit der Polizeiaktion durch die Richterin und ihre Offerte, das Verfahren konsequenterweise einzustellen, wies der Staatsanwalt barsch zurück. Daher wird die Hauptverhandlung nun bis auf weiteres ausgesetzt, ein neuer Prozesstermin von Amts wegen verfügt und das Ganze somit neu aufgerollt. Vielleicht gelingt es ja beim nächsten Mal ansatzweise, die krassen Widersprüche zwischen Anklageschrift und tatsächlichem Geschehen einigermaßen zu bereinigen, was dann ohne weitere Umschweife zum Freispruch führen dürfte. Für den Kolumnenautor und Prozessbeobachter jedenfalls steht das Urteil fest: Präventivanzeigen und kafkaeske Prozesse nehmen überhand. Eindeutig.
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