Vollversammlung am 6. Dezember
Mittwoch, 6. Dezember: Etwa 1.100 Studierende der Ruhr-Universität kommen ins HZO 10, um sich über das NRW-Semesterticket und die Unterstützung des Gebührenboykotts zu informieren. Viele zeigen sich sehr interessiert an den Themen auf der Tagesordnung und diskutieren mit. Kein Wunder: Das NRW-Ticket und die Gebühren gehen uns alle etwas an.
Was würde das Semesterticket also bedeuten? Für einen Aufpreis von etwa 30 Euro pro Semester könnten alle Studierenden der Uni gratis den öffentlichen Nahverkehr in ganz NRW nutzen. Vor allem für StudentInnen, die aus Städten außerhalb des VRR zur Uni fahren müssen, wäre das eine enorme finazielle Erleichterung. Aber auch für Studierende, die ihre FreundInnen und Verwandte in NRW besuchen wollen, lohnt sich das Ticket absolut. Zum Vergleich: Jetzt können wir für 30 Euro im Semester 4,75 mal nach Köln, 1 mal nach Winterberg und 1,5 mal nach Ahaus fahren. Mit dem Ticket wären wir wesentlich mobiler. „Das NRW-Ticket trägt auch zur Vernetzung aller Studierenden in Nordrhein-Westfalen bei“, merkte eine Studentin in der Diskussion an. „Wenn wir zum Beispiel eine spontane Einladung auf eine Party in Aachen bekommen, muss niemand lange nachdenken, ob er sich das leisten kann.“
Es wurde auch gefragt, ob ein Aufpreis für gesamt-NRW auf das bisherige Ticket gezahlt werden kann. Das ist nicht möglich. Wer quer durch NRW fahren will, kann sich ein SchönesJahr Ticket für 1.200 Euro kaufen. Das Semesterticket, das ab dem Sommersemester um fünf Prozent erhöht wird und 83,86 Euro kostet, plus ca. 30 Euro NRW-Aufschlag, würde etwa 110 Euro kosten.
Gab‘s das Semesterticket schon immer?
Obwohl uns nichts selbstverständlicher erscheint als unser Semesterticket, gibt es dieses in Bochum erst seit 1991. Wir haben das „Solidarmodell“, was bedeutet, dass die gesamte Studierendenschaft einen festen Preis für das Ticket zahlt – egal, ob jemand es benutzt oder nicht. Zur Zeit sind das 79,99 Euro pro StudentIn und Semester. Und dafür kann seit 2005 nach 19 Uhr auch jemand kostenlos mitgenommen werden. Auch die Fahrradmitnahme ist seitdem möglich.
Hätten wir das Individualmodell, bei dem jedeR entscheidet, ob er überhaupt ein Ticket braucht, würden wir 542,28 Euro zahlen. Natürlich gibt es AutofahrerInnen an der RUB, die niemals einen Fuß in ein öffentliches Verkehrsmittel setzen würden (obwohl – kennt jemand eineN?) und trotzdem zahlen müssen. Die finanzielle Belastung durch das Individualmodell wäre aber wohl für Einige ein Grund, nicht studieren zu können.
NRW-Ticket? Nicht mit mir!
 Die meisten TeilnehmerInnen der Vollversammlung (VV) äußerten sich in der Diskussion positiv zum NRW-Ticket. Und zwar so viele, dass die achte, neunte und auch zehnte Willensbekundung für das Ticket schon ein bißchen auf die Nerven ging. Glücklicherweise hielten auch ein paar dagegen. Zum Beispiel die Studierenden, die natürlich schon irgendwie für das Ticket waren, dann aber doch lieber ein bundesweit gültiges Ticket hätten. Und der Student, der dagegen ist, weil er nicht will, „Dass alle mehr zahlen müssen, damit irgendjemand mal die Oma besuchen kann.“ Der Auftrag der Studierenden sei schließlich „nur das Studium, und nicht das Herumfahren in NRW, um Freunde und Verwandte zu besuchen.“ Ob der junge Mann ein Auto, oder keine Freunde hat, wissen wir nicht. Da die meisten StudentInnen wahrscheinlich kein Auto, aber dafür Freunde haben und noch dazu weitere gute Gründe für das NRW-Ticket, stimmte am Ende die überwältigende Mehrheit für den Antrag des AStA, die Verhandlungen über das Ticket weiter zu führen und zum schnellstmöglichen Termin abzuschließen.
Der Haken am NRW-Ticket ist, dass wider Erwarten kein konkretes Preisangebot seitens der Verkehrsverbünde vorlag. Zwar haben sich schon im Jahr 2003 erstmals die LandesAsten mit VertreterInnen der Verkehrsverbünde getroffen, um über das Ticket nachzudenken, und die konkreten Verhandlungen über das NRW-Ticket begannen im März 2006. Aber das war nicht Zeit genug für die Verkehrsverbünde. Die Rede ist seit Wochen von einem Ticket, das um die 30 Euro mehr kosten soll. Jetzt haben die Verbünde aber Angst, „die Studierenden könnten das Ticket illegal kopieren“, meint Markus Brüne, der die Verhandlungen für den AStA der RUB führt. Ein weiterer Grund ist, dass die lokale Verteilung des Geldes in den einzelnen Verbünden nicht geklärt ist. Zum Sommersemester kommt das neue Ticket also noch nicht.
Studiengebühren, nein danke
Nach der ersten Abstimmung verkleinerte sich die Versammlung deutlich. Und dass, obwohl die finanzielle Belastung durch Studiengebühren größer und das Thema politisch brisanter ist. Beim zweiten Tagesordnungspunkt ging es um Klagen gegen die Gebühren und um einen Gebührenboykott in Bochum. Außerdem informierte der AStA darüber, wer von den Gebühren befreit ist. Das sind zum Beispiel Studierende, die beurlaubt sind oder ein Praxis – oder Auslandssemester absolvieren, die als DoktorandInnen eingeschrieben sind, einen privat finanzierten Studiengang belegen oder ein Kind erziehen. Auch wer als gewählter Vertreter in einem Gremium der RUB arbeitet, kann befreit werden. „Aus unserer Sicht greifen diese Ausnahmen viel zu kurz“, meinte AStA-Referent Dominik Ruppenthal.
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Boykott
„Deswegen werden wir an verschiedenen Stellen gegen die Gebührenerhebung klagen.“
Wer sehr wenig Geld hat, kann einen Härtefallantrag stellen. Studierende, die nicht bei den Eltern wohnen, dürfen dabei nicht mehr als 477 Euro monatlich haben, wer zu Hause wohnt nicht mehr als 366 Euro. Wer die Anforderungen eines Kredits bei der NRW-Bank erfüllt, kann automatisch keinen Antrag stellen. „Das ist schon fast zynisch“, meinte Dominik. Der AStA verteilte Abtretungserklärungen, mit denen die Studierenden den AStA bevollmächtigen, eine Rückzahlung der Gebühren außergerichtlich oder gerichtlich durchzusetzen (zu finden auf www.asta-bochum.de).
Der AStA informierte über die Möglichkeit, mit einem Boykott der Gebühren (s. Ausgabe No. 705) Druck auf die Universitätt auszuüben. Die große Mehrheit der verbliebenen StudentInnen forderte den AStA mit ihren Stimmen dazu auf, den Boykott an der RUB zu organisieren und zu unterstützen. Einige Studierende forderten dazu eine Urabstimmung. Doch allein die Beteiligung oder Nicht-Beteiligung der Studierenden an einem Boykott wird eine Urabstimmung sein. Denn auch, wenn die Mehrheit bei einer Urabstimmung mit Ja zum Boykott stimmen würde, wäre damit noch niemand zur Teilnahme verpflichtet. So kann das Geld, das eine Urabstimmung kosten würde, für eine Kampagne genutzt werden, die die Studierendenschaft über den Boykott informiert.
sjn
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