Neues vom Prinz-Regent Theater
In diesem Jahr beging das Prinz-Regent Theater sein 15-jähriges Jubiläum. Eigentlich ein gehöriger Grund zum Feiern. Doch leider wird die Freude von einer unschönen Tatsache überschattet: die Besucherzahlen gehen seit längerem kontinuierlich zurück. Die große Frage nun: warum?
Das Programm des Prinz-Regent Theaters reicht vom allseits bekannten Kabarett, über erheiternde Lesungen, intelligente Kinderstücke und sehr bissige Komödien, bis hin zu äußerst schwerverdaulichen Dramen, die den Zuschauer mehr fordern, als manch ein Stück am hiesigen Schauspielhaus. Zu Letzterem gehört das dokumentarische Stück „Der Kick“ von Andreas Veiel und Gesine Schmidt, in welchem der Mord dreier Neonazis an einem Jugendlichen behandelt wird. Es handelt sich hierbei um einen Fall, der 2002 in Potzlow wirklich stattgefunden hat und bis heute zahlreiche Fragen aufwirft. Dem Stück liegen Interviews und Gerichtsprotokolle zu Grunde, die ein erschreckendes Bild der heutigen Jugendkriminalität und des dazugehörigen (familiären) Hintergrundes liefern. Ohne aufwändige Bühnendekoration und viel Tamm Tamm, fordern die Schauspieler die vollkommene Aufmerksamkeit und Phantasie des Zuschauers, dem eine Welt gezeigt wird, vor der heutzutage am Liebsten die Augen geschlossen werden. Die brutale rechtsradikale Realität.
Klingt nach einem sehenswürdigen Stück? Ist es auch.
Wo sind die Zuschauer?
Die Besucherzahlen wollen aber etwas Anderes sagen.
In der Regel spielt ein Theaterensemble ab einer Zuschauerzahl von zehn Leuten. Dass die Mindestgrenze, darunter ist verständlicherweise nicht drin. Und an und für sich sollte die Besucheranzahl schon über die 50 reichen. Die Darsteller von „Der Kick“, sowie einiger anderer ansprechenden Stücke, mussten in letzter Zeit vor einem Publikum spielen, das sich zwischen 15 und 25 Personen einpendelte oder die Vorstellungen ganz ausfallen lassen, da gerade einmal vier Karten im Vorverkauf unter das Volk gebracht werden konnten. Der Spielbetrieb ist teilweise kaum noch möglich. Was ist nur los?
Das Prinz-Regent Theater ist nur ein Beispiel von vielen kleinen Theatern, die um ihre Existenz kämpfen müssen. Dabei sind es doch gerade diese Bühnen, die Orte für experimentelle Kunst darstellen. Sie fördern, im Gegensatz zu vielen großen Schauspielhäusern, die kulturelle Vielfalt und den künstlerischen Reichtum einer Stadt. Sie bieten Abwechslung vom immer gleichen Angebot der berühmten Häuser, zeigen andere Formen des Ausdrucks, ermöglichen Kleindarstellern Aufführungen und erste Schritte vor (normalerweise) recht ansehnlichen Zuschauermengen.
Auf der Suche
Aber wo sind sie auf einmal, die dringend benötigten Kulturinteressierten? Liegt es am Winter? Die Ausrede kann man dieses Jahr nicht gelten lassen. Schließlich ist zeitweise eher Sommer. Das Angebot ist, wie oben aufgezeigt, ebenfalls nicht gerade langweilig.
Ist es vielleicht einfach möglich, dass die Bevölkerung nichts mehr von den Off-Theatern, den Schaubühnen und den kleinen Kultureinrichtungen mitbekommt? Sie also in Vergessenheit geraten sind? Wenn man den Antworten einiger Befragten Glauben schenkt, dann ist es in der Tat so. Entweder hat man, wie im Fall vom Prinz-Regent Theater, ein falsches Bild des jeweiligen Theaters („Die spielen ja eh nur Comedy!“) oder kennt sie einfach nicht („Prinz-Was? Kenn ich nicht.“). Nach einem Spaziergang durch die Innenstadt weiß man auch warum. Kaum Werbung.
Nachgefragt
Nach einem aufschlussreichen Telefonat mit Udo Thies, einem Schauspieler des Prinz-Regent Theaters, gibt es auch hierfür eine Antwort. Die städtischen Plakatsäulen, die man einst nutzen konnte, wurden an Privatanbieter verkauft und sind mittlerweile nur noch für horrende Summen, die sich eventuell das Schauspielhaus Bochum leisten kann, zu mieten. Das heißt im Klartext: ein Großteil der Werbefläche ist weg. Nur, wie sollen die Leute dann auf das Programm aufmerksam gemacht werden? Wie soll man ihnen zeigen, dass das Prinz-Regent Theater mehr zu bieten hat, als nur „Cellulita – die Königin der Nachtcremes“? Zwar gehört das Kabarett zum festen Bestandteil des Prinz-Regent Theaters und ermöglicht durch seine Zuschauermassen die weitere Finanzierung solcher Stücke wie „Der Kick“, doch kann es nicht sein, dass Bochumer BürgerInnen nur noch auf Spaß und Unterhaltung setzen. Hier also der Aufruf für einen guten Vorsatz für das kommende Jahr: Geht ins Theater! Und geht nicht nur in die Großen – nehmt euch Zeit (nur kein Stress), lasst euch auf die Stücke und Thematiken ein und zeigt der Welt, dass gerade die kleinen Theater mehr als nötig für die heutige Gesellschaft sind.
aw
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