Fitnesspark Bochum, täglich 10 Uhr morgens: Uschi* (Mitte vierzig, blondgelockt, braungebrannt und durchtrainiert) erzählt in der Damenumkleide über den neuen Fernseher, den sie zu kaufen gedenkt. Eine Woche lang. Jeden Tag.

Da gibt es ja auch vieles zu bedenken: LCD, Plasma, 70-Zentimeter-Bildschirm oder 90, schwarz, metallic, weiß, blau oder gold, von Mediamarkt, Saturn oder Aldi. Deshalb studiert sie Websites, erkundigt sich bei Stiftung Warentest, vergleicht Angebote, geht mit ihrem Freund (ich habe ihn noch nicht kennen gelernt, kann ihn mir aber lebhaft vorstellen) nach Feierabend in verschiedene Qualitätsetablissements, um sich die guten Stücke im Original anzuschauen. Ein weites Feld also, auf dem sich Uschi* mit vollem Elan rumtreibt. Damit sie dabei nicht vorzeitig schlapp macht, trainiert sie im Studio. Damit sie dabei gut aussieht, geht sie ins Sonnenstudio. Damit ihre Haut dabei nicht vorzeitig altert, kauft sie verschiedene Pflegeprodukte. Damit sie auch weiß, welche die Besten sind, liest sie wöchentlich zwei bis drei Hochglanzmagazine. Wenn sie die schonmal hat, lässt sie sich von den Mode – und Lifestyleangeboten inspirieren. Damit sie die kompletten Must-Haves (in der aktuellen Ausgabe des Qualitätsblattes InStyle: Hosen-Röcke, Tweed-Jacken, Riemchen-Pumps) auch kaufen kann, muss sie ordentlich arbeiten. Ein Teufelskreis also. Zum Nachdenken bleibt nicht mehr viel Zeit, und so lassen sie und ihre Fitnessfreundinnen es einfach bleiben. Ich habe sie nie, nie, niemals über etwas auch nur dezent Relevantes sprechen hören. Die Tür geht auf, Uschi und Fitnessfreundin Gaby* im Schlepptau kommen rein…“das Problem nämlich, also wegen dem neuen Fernseher“…Sie hat ihn gekauft! Endlich! Es herrscht Ruhe! …“ist, dass wir jetzt einen neuen HiFi-Tisch brauchen, der dazu passt.“ Oh nein. Nach der Fernsehkauf-Telenovela jetzt eine über den Fernseh-Tisch? Ich möchte schnell rüber zu Schaten hechten, ihr ein gutes Buch kaufen und sie die kommende Woche darüber sprechen lassen. Aus Geldmangel lasse ich es bleiben. Und am nächsten Tag ist das Thema sowieso hinfällig. „Wir suchen gerade das passende Urlaubsziel“, erzählt sie einer Freundin, „und ich habe da ein Superhotel in der InStyle gesehen.“ Es folgt eine dezidierte Diskussion über verschiedene Urlaubsziele. „Ist das denn auch all Inc.?“, fragt die eine. „Nee, das ist nur HP.“ „Das ist aber dann so teuer, man muss sich die Getränke da selbst kaufen, ich weiß gar nich, wie die ganzen Leute in diesen armen Ländern dat machen, dat Wasser kann man da ja nich trinken, und die haben alle kein Geld.“

Natürlich gibt es im Fitnessstudio auch vernünftige Leute. Wie der Text vielleicht vermuten lässt, war ich ja auch vor Ort. Man sollte aber besser mit Oropax und Scheuklappen reingehen. Sonst erwischt man sich bald im Gespräch mit Uschi und ihren Freundinnen, alsbald im gemeinsamen Pauschalurlaub, schließlich beim gemeinschaftlichen TV-Kauf im Mediamarkt, und dann ist alles zu spät.

*Namen von der Redaktion geändert

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