Bei Vielen steht vor dem Urlaub: Sechs Monate sparen, Zwei Monate planen, Drei Tage packen, Zwölf Stunden fliegen. Manchmal braucht es aber auch nur eine Idee, etwas Spontaneität und überdurchschnittliche Toleranz gegenüber mangelnder Duschmöglichkeiten.

Ein Kurztrip in die Niederlande, geprüft auf Tauglichkeit für studentische Angelfreunde. Das Ziel nicht wirklich fest, das Geldsäckel nicht wirklich voll aber die Vorfreude auf den Trip umso größer. Große Hürde vor Abreise: Die Bürokratie unseres kleinen Nachbarlandes mit den orangefarbenen Trikots. Widersprüchliche Angaben im Internet machen es unmöglich in Erfahrung zu bringen, welche Dokumente zur Fischerei in den Niederlanden von unbedingter Notwendigkeit sind. Dort ist die Rede vom „Vispas“ den es in kleiner und großer Ausführung gibt, vom Zeevispas, Nachtvispas, ja sogar eine „Sportvisakte“ wird auf einer Website angepriesen. Der undurchsichtige Fischaktenwald muss vor Ort gerodet werden, Postämter und Touristeninfo helfen angeblich weiter.

Stark eingeschränkt
Dreieinhalb Stunden Autofahrt später befindet man sich in Westkapelle, einem idyllischen Städtchen am Südwest-Zipfel Hollands. Zur Überraschung aller Beteiligten haben die Infopoints am Pfingstsonntag geschlossen, Postämter jedoch geöffnet. Fakt ist: In den Niederlanden bedarf es keiner behördlichen Prüfung, wie etwa dem Erwerb des deutschen Angelscheins, sondern nur einem „Vispas“ der ein Jahr gültig ist, 10 Euro kostet und jeweils für eine bestimmte Region Gültigkeit hat. Zwei Routen pro Person sind leider auch schon das Maß aller Dinge, dazu kommen jede Menge Einschränkungen was Köderfische und Madenimitate angeht. Nachtangeln ist nicht erlaubt.Es gilt „Catch and Release“. Ein Vispas der diese Verbote aufhebt, kostet unverhältnismäßig mehr. Das Fischen im Meer hingegen ist rund um die Uhr möglich, sogar ohne Lizenz. Auf Einhaltung der Bestimmungen ist unbedingt zu achten, da die zuständige Exekutive rigoros Verstöße ahndet. Absolut verständlich, wenn man weiß, dass seit einigen Jahren viele Laien ohne Kenntnisse von Fach und Fisch die niederländischen Gewässer als Freifahrtschein zum Wildern und Müllhinterlassen missbrauchen.

Weder Fisch noch Fleisch
Die einsetzende Flut bietet beste Vorraussetzungen, allerdings ist man in der Brandung alle 20 Minuten damit beschäftigt, seinen Krempel weitere 15 Meter in Richtung Düne zu räumen. Einsetzender Regen hindert einen Hartgesottenen nicht daran, hüfthoch im Wasser das 100 Gramm schwere Brandungsblei noch ein paar Meter weiter in die Nordsee zu schmeißen. Geschmacksache. Übrigens: Wer sich in den Niederlanden beim Wildcampen oder Schlafen im Auto erwischen lässt,dem drohen ebenfalls empfindliche Geldbußen. Daraus resultierend muss auch mal ein Sonnenschirm in stürmischen Nächten als einziger Schutz vor dem rauen Wetter herhalten. Ebenfalls Geschmacksache. Nach schlaflosen Nächten und der Motivation im Keller kommt ein Geheimtipp gerade recht: Dornhechte schleppen in Ostkapelle, quasi gleich nebenan. Zwischen durchnässtem Toastbrot und lauwarmer serbischer Bohnensuppe geht es fünf Kilometer die Küste entlang zum nächsten Spot, und während die ca. 15 anderen Angler in Sichtweite nach und nach kapitale Meerestierchen an Land ziehen, sind wir doch mehr damit beschäftigt, ständig unsere Ruten wieder einsatzbereit zu machen, da an dem felsigen, fast unbegehbaren Strand gerne mal diverses Fangutensil abreißt. Toastbrot, Bohnensuppe, neuer Tiefpunkt. Den Nachmittag verbringen die Helden dieser Geschichte in einem Industriegebiet. Etliche Angler tummeln sich hier auf einem kleinen Fleckchen, versuchen im Kühl- und Abwasser einer großen Fabrik fette Beute zu machen. Eine Landzunge lockt uns letztendlich, der einzige Fisch, der in fünf Stunden gefangen wird sieht so aus wie jener Fisch, den sich ein gewisser Mr. Burns in einem Kernkraftwerk in Springfield hält. Trotz Verbot wird im Auto genächtigt, versteckt gelegener Parkplatz sei Dank. Wer das Bild des Angleridylls schon verloren hat, hat Recht. Brandungsangeln stellt sich als absolut stressig heraus und bietet im Gegensatz zum Karpfenteich keinerlei Entspannung. Kurztrips ohne große Planung können den Beteiligten vor allem mit Schlafdefizit wohl einiges abverlangen, haben allerdings dadurch auch ihren Reiz und sind äußerst preiswert. Abenteuerlustige sollten sich in der Saison von Pfingsten bis Sommer unbedingt einen Zeltplatz reservieren (gibt’s schon ab 25 Euro pro Nacht), Übernachten am Strand und im Auto ist definitiv nicht zu empfehlen. Großes Manko ist das Gefühl, sich nicht wirklich sicher sein zu können, was in Sachen Angeln erlaubt ist und was nicht. Auch mit etwas Sprachkenntnis bekommt man spätestens beim Übersetzen des Vispas-Begleitheftes Probleme.               m pxb

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