Einmal im Jahr fällt der Vorhang, und am Wochenende war es wieder soweit: Gleich zweimal beherrschte das beste Stück der Frau als studentische Inszenierung die Studiobühne des Musischen Zentrums. Eine dritte Vorstellung ist bereits in Planung.
Vor der Erstellung des Theaterstücks wurden über 200 Frauen und Mädchen jeden Alters, jeder Schicht und Berufsgruppe befragt. Aus ihren Antworten und Geschichten entstehen Eve Enslers mittlerweile schon legendäre Vagina-Monologe. Jedes Jahr behandeln die Monologe ein anderes Spotlightthema: Der Fokus liegt hierbei jeweils auf Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren mussten. Die VM 2007 beziehen sich auf „Frauen in Krisengebieten“: Im Sudan, Irak und Kongo ist insbesondere die sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen an der Tagesordnung. Besonderes Problem: die noch immer bestehende Straflosigkeit sexueller Gewalt im Krieg auch noch im 21. Jahrhundert. Mädchen und Frauen suchen beim Aufbau zerstörter Gebiete nach friedlichen Lösungen, gleichzeitig steigt die Anzahl der Gewaltdelikte an Frauen und Mädchen in ebendiesen Gebieten immer weiter an. Neben sexueller existiert militärische und häusliche Gewalt, daneben Vertreibung oder der Zwang zur Prostitution.
Vorspiel
Die Vagina-Monologe sind als Benefizprojekt gegen die weltweite Gewalt an Frauen zu verstehen. So werden bei den Aufführungen regelmäßig Spenden gesammelt. Mit diesen Spendengeldern bei den Bochumer Vorstellungen unterstützen die Schauspielerinnen die Arbeit von Frauenrechtsorganisationen wie V-Day, die es sich zum Ziel gemacht hat, die weltweite Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden. Ebenso wie die Hilfsorganisation Medica Mondiale e.V. für Mädchen und Frauen, die sexuelle Gewalt in Krisengebieten erfahren mussten, aber auch die lokale Hilfsorganisation für die Betreuung von Opfern sexuellen Missbrauchs Wildwasser Bochum e.V.. Schließlich bedeutet jegliche Erfahrung von Gewalt Eingriffe in die Persönlichkeit. Hierunter fallen neben folgenschweren Traumata und Beziehungsproblemen auch permanente Angst- und Schuldgefühle, Schlaf- und Ess-Störungen bis hin zu Suizidgefährdung. Hilfsorganisationen bieten Hilfestellungen und psychosoziale Prozessbegleitung in Form von Beratungsangeboten, Betreuung und Selbsthilfegruppen. Soweit das Vorspiel. Und nun zum Stück.
Der Akt an sich
Ein melancholisches musikalisches Intro durch drei Arnheimer Musikstudenten stimmte die ZuschauerInnen auf das ernste Thema ein. Doch trotz des Ernstes der Thematik zeichnen sich Eve Enslers Vagina-Monologe vor allem durch eine gleichzeitig oft humorvolle, unterhaltsame Inszenierung aus. Begonnen wird zwar nicht bei Adam und Eva, doch die Definition erscheint durchaus tricky: Wer oder was ist eigentlich die Vagina? Im Englischen als „Mrs. Brown“ und „Pussycat“ tituliert, wird sie im Deutschen hingegen vor allem als „Wundertüte“, „Rosamunde“ und im Schwäbischen sogar als „Mösle“ verschrien.
In zwei Akten wurden die Klischees und das beste Stück der Frau selbst so richtig rangenommen: Es wird erst einmal ordentlich abgelästert: Über die Beschaffenheit von Tampons, Frühlingsduft-Intimsprays und das „Folterinstrument String-Tanga“.
Nach dem ersten Monolog über das Thema Haare ja/nein folgte die erste Videoeinspielung, die neben der Anmoderation der unterschiedlichen Monologe und natürlich der Monologe selbst so manchen Lacher beim Publikum erntete – mit dem Thema: „Wenn deine Vagina sich anziehen könnte, was würde sie tragen und wenn sie sprechen könnte, was würde sie sagen?“ Dem folgten weitere amüsante Monologe, allesamt dargestellt von Studentinnen der RUB, mit Titeln wie „die Überschwemmung“, der „Vagina-Workshop“, „die erfreuliche Vagina-Tatsache“, „Weil er es liebte, sie anzuschauen“ und „meine wütende Vagina“.
Auch der zweite Akt beinhaltete humorvolle Aspekte: „Fotze rehabilitieren“ und „wie riecht eine Vagina?“ Allerdings lag der wesentliche Fokus auf den ernsten Aspekten des Abends: die Erfahrungen der Frauen und Mädchen mit Gewalt in den Krisengebieten kam in Monologen wie „Die nicht so erfreuliche Vagina-Tatsache“, „Meine Vagina war mein Dorf“ und „Die kleine Tschurimuri, die‘s drauf hatte“ zum Ausdruck.
Das Finale „Spotlightthema 2007 – Frauen in Kriegsgebieten“ performte das Ensemble gemeinsam und erntete dafür ordentlich Applaus bei den ZuschauerInnen.
jbö
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