bsz: Wenn wir heute die bsz produzieren, spielt das Internet vor allem bei der Recherche eine große Rolle. Wie hat das vor zwanzig Jahren funktioniert?
GS: Wir waren viel auf dem Campus unterwegs und haben oft telefonisch recherchiert, was ja auch heute noch naheliegend ist. Bei der Produktion vor dem Druck waren wir auf einfache Mittel angewiesen. Wir haben jede bsz mit dem Lineal vermessen und erst einmal eine provisorische Ausgabe erstellt, indem wir Texte und Fotos aufgeklebt haben. Ein großer Unterschied zum heutigen Journalismus ist, dass die Recherche jetzt sehr bequem ist. Firmen und PR-Agenturen verbreiten ihre Informationen fast druckfertig im Internet und üben damit auch einen größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung aus als noch vor zwanzig Jahren.

bsz: Was war Ihnen in ihrer Zeit bei der bsz am wichtigsten?
GS: Ich mochte es sehr, durch die Arbeit auch andere Gebäude, Menschen und Fachkulturen kennen zu lernen. Mein Studium habe ich ausschließlich in den G-Gebäuden absolviert – die bsz war also eine Möglichkeit, auch etwas Anderes zu erleben. Als ich bei der Zeitung anfing, hatte ich außerdem meine Pflichtscheine schon gemacht. Nach dem achten Semester habe ich mir etwas Zeit genommen, Themen zu vertiefen und auch Veranstaltungen zu besuchen, die nicht unbedingt vorgesehen waren. Diese Zeit hat mich sehr weitergebracht. Durch die 200 DM, die wir damals pro Ausgabe verdienten, konnte ich mir das als BAföG-Empfängerin auch leisten.

bsz: Früher ist die bsz in der Woche vor den Wahlen zum Studierendenparlament nicht erschienen, weil die Redaktion politisch bunt zusammengesetzt war und es häufig zu Konflikten kam. Spielte die Parteien- oder Listenzugehörigkeit eine große Rolle?
GS: Ja, die Redaktion war stark geprägt davon, dass sie aus verschiedenen hochschulpolitischen Listen stammte. Besonders die damals bestehenden Hochschulgruppen des MSB Spartakus und des Sozialistischen Hochschulbundes haben eine starke Beeinflussung der Inhalte gewollt. Ich habe in der Redaktion die Radikaldemokraten vertreten und eher darauf geachtet, über Themen zu schreiben, die die Studierenden auch wirklich interessiert haben.

bsz: Einige Medien meinen in letzter Zeit, einen „neuen Feminismus“ entdeckt zu haben. An bsz-Ausgaben aus den Achtzigern waren aber zum Beispiel viel mehr Frauen beteiligt als heute. War die Gleichberechtigung ein wichtiges Thema?
GS: Feminismus hatte Mitte der Achtziger Jahre eigentlich keinen hohen Stellenwert mehr. Dass so viele Frauen in der bsz vertreten waren, war wohl eher Zufall. Es gab durchaus auch Machos in der Redaktion, ebenso wie in der übrigen Hochschulpolitik. Einen bestimmten Politikertypus, dem es vor allem um Macht geht und der auf Landes- und Bundesebene oft vertreten ist, gab es auch schon an der Uni. Frauen hatten und haben es da vielleicht schwerer sich durchzusetzen, auch in der Wissenschaft. Heute habe ich eine kleine Firma und mache Karriereberatung für Wissenschaftlerinnen. Es fällt auf, dass in einigen Studiengängen zwar genauso viele Frauen studieren wie Männer, Professorenstellen besetzen sie aber sehr selten. Ich halte es für sehr wichtig, das zu ändern.

bsz: Ansonsten hat sich an den Hochschulen aber Vieles geändert. Sie arbeiten selbst an der Uni Paderborn. Wie sehen Sie aktuelle Entwicklungen wie etwa die Bachelor- und Masterstudiengänge?

GS: Das Klima hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Von den gestuften Studiengängen halte ich nicht viel. Durch die Verschulung des Studiums und die Einführung von Studiengebühren ist es noch schwieriger geworden, Studium, Familie und Arbeit zu verbinden. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die neuen BA-Studiengänge oft schlecht geplant sind. Teilweise wird versucht, den Inhalt von Diplomstudiengängen in sechs Semester zu pressen. Das kann natürlich nicht gut funktionieren. Vor allem haben Studierende kaum mehr Freiheiten und Wahlmöglichkeiten. Das Studium sollte eine Chance sein, viele Dinge auszuprobieren, kreativ zu sein und auch eine kritische Haltung zu entwickeln. Das ist aber nun kaum noch möglich. Für manche Studierende ist ein fester Stundenplan vielleicht hilfreich, insgesamt ist der Verlust aber größer.

bsz: Das sehen wahrscheinlich viele Studierende ähnlich. Politische Veranstaltungen, die eine andere Sichtweise eröffnen, sind aber trotzdem nicht restlos überlaufen. Hat es vor zwanzig Jahren mehr Engagement gegeben?
GS: Die Zeit war eher unpolitisch, es waren die ersten Jahre der Kohl-Regierung. Ich habe oft von Leuten gehört, dass es in den Siebziger Jahren noch ganz anders war. Es ist auch nicht so, als hätte es keine Missstände gegeben. Auch damals gab es Massenstudiengänge, in deren Veranstaltungen viel zu wenig Platz war. Ich habe es in der Geschichte erlebt, dass ein Professor sagte: „Sie bekommen Ihren Teilnahmeschein, Hauptsache, Sie sind nicht da.“ Eine große Gegenbewegung an der Hochschule gab es aber nicht.

bsz: Wenn Sie den Studierenden etwas ans Herz legen sollten, was würde das sein?
GS: Allgemeinbildung und leidenschaftliche Forschung sind das Wichtigste. Abseits des vorgesehenen Lehrplans zu studieren, kann manchmal viel ertragreicher sein, als einfach nur den Stundenplan zu absolvieren. Und: Das Leben zu genießen!

sjn

 

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