Rezension: Weltreise mit 19 PS
Einmal um den Block

Im Januar 1956 macht sich der Bremer Kaufmann Wolfram Block in einem Lloyd LP 600 auf eine Weltreise, die ihn durch Südosteuropa, Asien, Nordamerika und ein Jahr und fünf Monate später wieder zurück nach Bremen führen wird. Sein Reisetagebuch erschien nach dessen Weltreise bereits als Jugendbuch mit Strichzeichnungen; nun wird es zusammen mit Wolfram Blocks Fotografien neu herausgegeben.

Insgesamt 89.100 Kilometer legt Wolfram Block auf seiner Reise zurück, davon 53.300 auf Straßen, Feldwegen und Wüstenpisten mit dem Auto, einem Lloyd-Kleinwagen mit 600 ccm Hubraum, den er vom Hersteller, der Borgward-Gruppe, gestellt bekommt. Den Rest – Geld für Essen und Sprit – muss Block aus der eigenen Tasche aufbringen, denn für großangelegte Unterstützung fehlt dem Bremer Automobilhersteller, der 1961 Konkurs anmelden wird, die Bereitschaft. In ein ungewisses Jahr 1956 startet Wolfram Block und macht sich auf den Weg, der zunächst über Jugoslawien, die Türkei, Irak und Iran nach Indien führt. Die Sowjetunion verweigert Block kategorisch die Einreise. Er übernachtet entweder im Wagen und ernährt sich von Zigaretten, Brot und Bohnen aus der Dose oder kehrt in ein auf dem Weg liegendes Gasthaus ein. Zwischendurch ist Wolfram Block auch Gast von im Ausland lebenden Deutschen, zum Beispiel einem in Teheran wohnenden Ehepaar. In der Türkei freundet sich Block mit dem Deutschlehrer Kemal Bey an, dessen Unterricht er beurteilen soll und bei dem er dafür kostenlos speisen und logieren darf.
Über Ceylon, Malaysia und Indonesien gelangt der Globetrotter nach Australien, wo Wolfram Block schließlich das Geld ausgeht und ihm nichts anderes übrig bleibt, als von August bis November, also im australischen Frühling, einer geregelten Arbeit nachzugehen – ausgerechnet bei der Lloyd-Vertretung „Stokoe Motors“ in Melbourne. Block wird „Mädchen für alles“ und darf Kühlschränke schleppen, Vergaser „einregulieren“ (nicht von Autos, von Rasenmähern) und zum Schluss sogar die Borgward- und Lloyd-Modelle des Händlers verkaufen. Zusammen mit den Zeitungsinterviews, die der Weltreisende nun immer öfter geben muss, hat er im November schließlich genug Geld zusammen, um seine Reise fortzusetzen; natürlich nicht, ohne ein Foto von der Ankunft des Olympischen Feuers in Melbourne zu schießen. In den Vereinigten Staaten stößt Block schließlich auf großes Interesse, denn für die Lloyd-Vertreter vor Ort, die den Zweizylinder-Kleinwagen ins Land der Straßenkreuzer importieren, ist der Weltreisende aus Deutschland eine wirksame Werbung und beschert ihnen eine unerwartete Steigerung der Verkaufszahlen.
Eigentlich mit der Absicht, das Jugendbuch aus den 50er Jahren über Blocks Weltreise neu aufzulegen, nahm Herausgeber Jan Eggermann Kontakt mit dem inzwischen 85 jährigen Wolfram Block auf. Schon bald wurde offensichtlich, wie sehr der Inhalt des Reisetagebuchs damals unter der Kürzung gelitten hat und wie viele unveröffentlichte Fotos zur Verfügung stehen, worauf das ursprüngliche Projekt einer unveränderten Neuauflage entsprechend geändert wurde. Ein Abenteuerroman ist die „Weltreise mit 19 PS“ nicht, dafür aber ein authentisches Stück Fünfziger-Jahre. Die Einträge aus dem Reisetagebuch Wolfram Blocks sind voller Anekdoten, Eindrücke von Land und Leuten, historischer Verweise und technischer Details. Blocks Stil ist leicht verdaulich und sein Humor manchmal ein klein wenig schadenfroh, so zum Beispiel, wenn er des besseren Getriebeübersetzungsverhältnisses wegen rückwärts eine Passstraße hinauffährt und an zahlreichen liegengebliebenen Lkws vorbeizieht.
Im Nachwort des Herausgebers wird außerdem das Verhältnis der Borgward-Gruppe und ihres Gründer Carl Borgward zu Blocks Vorhaben beleuchtet. Illustriert ist das Buch mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos, die den Lloyd auf den Stationen seiner Reise zeigen. Zwischen Fotos und Text findet man auf fast jeder Seite Abbildungen aus dem Fahrtenbuch Blocks, von Dokumenten, Visa, Zeitungsausschnitten und Karten. Fazit: Die „Weltreise mit 19 PS“ ist ein interessantes Zeitzeugnis und Bildband, nicht nur für diejenigen, die sich für alte Autos oder ferne Länder begeistern.

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Verlag: edition Garage 2cv
www.garage2cv.de
ISBN: 978-3980908238
Preis: 34,80 Euro
1. Auflage, Dezember 2006
159 Seiten
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