Studis im Visier: Die Datenfresser von Google und Microsoft kooperieren mit „Facebook“, den großen US-Bruder des deutschen studi-VZ. Während damit Millionen persönlicher Daten im Internet immer offener zugänglich werden, schießen von „EforS” bis „StuGate” immer neue Studierendenportale ins Kraut.

Matthias Falke hat die Fragen nach seiner Internet-Identität satt. „Inzwischen muss man sich ja schon rechtfertigen, kein Profil bei studiVZ zu haben”, findet der Dortmunder, der an der Bochumer Ruhr-Uni Geographie studiert. Für Falke war der Entschluss, sich den netzwerkenden Kommilitonen online zu entziehen, ganz bewusst gewählt. „Da sind sensible persönliche Daten ganz offen lesbar”, kritisiert er. „Keiner darf sich wundern, wenn er nun plötzlich mit allzu verlockender Werbung zugemüllt wird – die passt ja dann schließlich genau zum Profil.”
Der muntere Datenaustausch gehört zum Prinzip. Plattformen wie studiVz, dessen großer US-Bruder Facebook oder das von mehr als einer Million Jugendlichen bevölkerte „schülerVZ” sind darauf ausgelegt, möglichst viele Menschen schnell und unkompliziert miteinander in Kontakt treten zu lassen. So weiß zum Beispiel jeder Pädagogik-Student an der RUB mit einem Klick, wer neben ihm noch das Einführungsseminar X bei Professor Y belegt. „Ob für Hausaufgaben, Übungsgruppen oder auch, um spontane Parties abzusprechen, nutze ich studiVZ”, sagt Maren Seiffert. Sie surft beinahe täglich dort und aktualisiert regelmäßig ihr persönliches Profil.
In Zukunft wird sie dafür womöglich mit dem schleichenden Kontrollverlust über ihre Daten leben müssen. Facebook etwa ist in den USA bereits mit der unstillbar hungrigen Datenmaschine Google verschmolzen. Eine unscheinbare Nachricht im Profil kündigte dort den radikalen Wechsel an – wer künftig eine Person bei Google eingibt, erhält direkten Zugriff auf dessen Facebook-Profil.
Facebook und die deutsche Adaption studiVZ sind beileibe nicht die einzigen Netzwerke, die sich auf Studierende spezialisiert haben. Die „Elite von morgen” ist begehrte auch bei „StudiLounge” oder dem neu aufgelegten „Europe for Students” begehrte Klientel. Auch das zu Semesterbeginn gestartete, viersprachige Onlineportal, das unter dem Kürzel EforS firmiert, sucht bereits die Nähe zu Google. „Bei uns werden alle Hochschulstädte mit einem Kurzportrait vorgestellt und mit Hilfe von Google Maps visualisiert”, wirbt EforS-Sprecher Thomas Brömme.
Das Projekt „Stugate”, das ebenfalls in diesen Tagen startete, ist (noch) kleiner angelegt. Der Bielefelder Ex-Studi Benedict Schmid hat es ersonnen. „Nach einer Woche haben wir bereits 100 Mitglieder. Für StudiVz sind das natürlich Peanuts, aber es bestätigt unser Konzept.” Wie im studi-VZ kann man bei Stugate ein Profil anlegen, Gruppen bilden, Fotos hochladen. Dem Problem des unkontrollierten Datenflusses will Schmid allerdings entgegenwirken. „Zunächst bleibt jeder bei uns anonym”, sagt Schmid. Die Option, keine Daten öffentlich zu zeigen, ist im Stugate voreingestellt – bei allen anderen gängigen Netzwerken ist es umgekehrt (s. Infokasten).
Jeder habe so die Möglichkeit, anderen den Zugriff auf das eigene Profil zu verweigern. Ohne aktives Zutun wüsste niemand von niemandem. Schmid weiß allerdings auch, dass Versteck spielen in einem öffentlichen Netzwerk auf Dauer wenig Sinn macht: „Es ist doch das Prinzip eines Netzwerks, Informationen auszutauschen, oder?”
bp

Wer auf studi-VZ und Co. ein Profil anlegt, dem kann der Datenschutz als ein Relikt vergangener Zeiten erscheinen.
Die Grundeinstellungen sind bei allen Portalen stets auf totale Offenheit getrimmt.
Wer seinen Bekanntheitsgrad einschränken will, muss die Einstellungen aktiv ändern.
Experten raten gerade bei radikalen Äußerungen oder eingestellten Fotos zur Vorsicht. Schließlich informierten sich auch potenzielle Arbeitgeber gern im Internet über Bewerber.

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