Yan Liankes „Dem Volke dienen“ Sex und Liebe im Zeichen der Revolution – der verbotene Kultroman aus China Zwischen 1966 und 1976 – die Zeit der Kulturrevolution in China – wird der zielstrebige, aber einfache Soldat Wu Dawang zur Ordonanz und Haushaltshilfe in das Haus seines Divisionskommandeurs gerufen. Der Divisionskommandeur ist ein erfolgreicher und ehrgeiziger Diener des Landes. Jedoch wurde er während eines Kampfes im Genitalbereich angeschossen. Auf Grund seiner fehlenden „MännlichkeitÂg verlässt ihn seine erste Frau und auch seine zweiten, Liu Lian, fehlt die körperliche Zuneigung. Wu Dawang ist verheiratet mit Zhao Ezi, einer Frau aus einem Nachbardorf seiner Heimat, mit der er auch einen kleinen Sohn hat. Jedoch kam es zu der Heirat nur auf Drängen seiner Mutter auf dem Sterbebett und unter der schriftlichen Versprechung Wu Dawangs dem Schwiegervater gegenüber, seine zukünftige Frau in die Stadt nachzuholen, ihr eine gute Arbeit zu verschaffen, seine Aufnahme in die Partei und die Beförderung zum Offizier anzustreben. Wu Dawang hat keine Ahnung, was Liebe bedeutet und auch Sex ist für ihn nur eine Befriedigung seiner Triebe. Dienst am Volk? Während einer langen Abwesenheit des Divisionskommandeurs befiehlt Liu Lian Wu, sobald er bemerkt, dass eine Holztafel mit der Aufschrift “ Dem Volke dienen“ nicht mehr an seinem gewohnten Platz in der Küche liegt, in das sonst für ihn verbotene obere Stockwerk zu kommen, da sie Hilfe braucht. Bald darauf ist es so weit: Wu findet die Tafel und geht mit sehr gemischten Gefühlen die Treppe hinauf. Als Wu das angeblich kaputte Licht im ihrem Schlafzimmer reparieren soll und es hell wird, ist Liu nur mit einem blau-rot gemustertem seidenem Nachthemd bekleidet. Wu ist so überrascht und irritiert, dass er sich sofort abwendet. Liu fragt ihn nach seinem Gehorsam dem Kommunismus gegenüber aus, so dass Wu anfängt zu glauben, dass der Dienst an ihr Dienst am Volke ist und somit sein schlechtes Gewissen zu beruhigen versucht. Jedoch ist Wu mit dem von ihm geforderten Taten nicht ganz im Reinen und verlässt am folgenden Tag die Villa ohne Lius Wünschen Folge geleistet zu haben. Sie beschwert sich bei Wus Instrukteur, der ihm mit dem Rausschmiss droht. Daraufhin begibt sich Wu wieder in die Villa, mit dem Gedanken an die Versprechen, die er seinem Schwiegervater gegeben hatte. Wu entschuldigt sich in aller Aufrichtigkeit für sein Verhalten und Liu erinnert ihn immer wieder daran, dass er für den Kommunismus und für den Leitspruch „Dem Volke dienen“ lebt. Liu regelt, dass Wu so lange bei ihr wohnen darf, bis der Divisionskommandeur zurückkommt. Wu und Liu sind voneinander fasziniert und verbringen Tage im Bett, Kleidung ist überflüssig geworden. Wu fängt an Liebe und Sex zu verbinden, und Liu geht es nicht anders. Sie experimentieren und verhalten sich wie ein frisch verliebtes Pärchen, das von Luft und Liebe leben kann…ohne Klassen- und Rangunterschied. Jedoch ist beiden klar, dass sobald der Divisionskommandeur zurückkommt, alles vorbei ist und dass niemand erfahren darf, was in der Villa Nr. 1 vor sich gegangen ist. Sie schwören sich trotz allem die Liebe und, wenn möglich, die Heirat. Liebe und Hass Während ihrer gemeinsamen Zeit kommt es jedoch dazu, dass Wu eine Gipsstatur von Mao, dem Führer der Kulturrevolution, zerbricht. Auf dieses Vergehen steht die Todesstrafe. Doch der Gedanke an den Tod stachelt die beiden weiter an, und um ihren Schwur der Liebe zu verfestigen, zerstören sie alle Abbilder und Figuren Maos sowie jegliche Spruchbänder und Tafeln mit kommunistischen Weisheiten. Sie verbringen eine Zeit der Liebe und des Hasses, der Zuneigung und des Abwendens, sowie der Gewissheit der Folgen und trotzdem des Hoffens auf eine Zukunft. In dem Buch “ Dem Volke dienen“ wird deutlich, wie sehr das eigene Denken während der Kulturrevolution verboten und das Leben nach den Lehren Maos als das Ideal gelebt wurde, in dem das Individuum nicht zählt, obwohl der Wunsch nach Freiheit und Respekt nie verloren geht. Yan Lianke gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart. Seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet zum Beispiel mit dem Lu-Xùn und Lao-ShÄ› Literaturpreis. Jedoch bekommen die Chinesen nicht die Möglichkeit alle seine Werke zu lesen, da er das chinesische Gesellschaftssystem anprangert, indem er zum Beispiel auf das verdeckte Aidsproblem aufmerksam macht. ank
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